Zusammenfassung
Hintergrund Amphetaminartige Stimulanzien (ATS; so wie Amphetamin, Methamphetamin und 3,4-Methylenedioxymethamphetamin
(MDMA oder Ecstasy) und Ritalin) sind die zweithäufigsten konsumierten Substanzen
in Europa. Dennoch liegen nur wenige Studien dazu vor, unter welchen Bedingungen sich
unterschiedliche Konsummuster von ATS entwickeln. Um die Konsumverläufe bei 6 unterschiedlichen
Konsumgruppen zu untersuchen, wurde die europäische ATTUNE Studie durchgeführt. Anhand
der in Deutschland durchgeführten 60 qualitativen Interviews werden die biografischen
Hintergründe vor dem Einstieg in einen ATS Konsum und die damit verbundenen Lebensereignisse
im Lebenslauf untersucht.
Methodik Die Entwicklungsbedingungen vor dem Einstieg wurden im Gruppenvergleich zwischen
aktuell konsumierenden und aktuell abstinenten ATS-Abhängigen, häufigen, gelegentlichen
und nicht ATS Konsumierenden analysiert. Begleitend zum Interview wurden Life Course
Charts eingesetzt, mit denen alle wichtigen Lebensereignisse dokumentiert wurden.
Die durchschnittliche Anzahl positiver, neutraler und negativer Lebensereignisse im
Lebenslauf wurde für die Gruppen und nach Geschlecht ermittelt und durch non-parametrische
Verfahren ausgewertet.
Ergebnisse ATS-Abhängige waren im Vergleich zu allen anderen Gruppen vor Konsumbeginn signifikant
stärker durch negative Lebensereignisse wie der Alkoholabhängigkeit eines Elternteils
und Gewalterfahrungen belastet. Frauen waren deutlich belasteter als Männer. Stabile
Entwicklungsbedingungen durch familiäre Fürsorge, Freunde und eine Ausbildung wiesen
primär die häufigen und gelegentlichen ATS Konsumierenden auf. In diesen Gruppen dominierten
zudem positive Ereignisse im gesamten Lebenslauf. Frühe und fortgesetzte Belastungen
stellen einen hohen Risikofaktor für die Entwicklung eines problematischen ATS Konsums
dar, während positive Lebensereignisse eine protektive Wirkung haben.
Schlussfolgerungen Da sich abhängige und nicht-abhängige ATS Konsumierende in ihren Unterstützungsbedürfnissen
unterscheiden, müssen präventive Maßnahmen auf die jeweiligen Konsummuster abgestimmt
sein .Hierzu zählen Nightlife-Präventionsangebote durch peers für einen ATS Konsum
im Partysetting sowie spezifische Beratungs-und Behandlungsangebote für diejenigen
mit einem abhängigen und oder problematischen Konsum. Angesichts der hohen Belastung
von Frauen durch negative Lebensereignisse besteht der Bedarf nach frauenspezifischen
Angeboten.
Abstract
Background Amphetamine type stimulants (ATS; such as amphetamine, methamphetamine and 3,4-methylenedioxymethamphetamine
(MDMA or ecstasy) and Ritalin) are the second most used substances in Europe. Despite
there are only a limited number of studies on how different consumption patterns of
ATS are developed. To investigate the ATS use trajectories in 6 different consumption
groups the European ATTUNE study has been conducted. Based on 60 qualitative interviews,
realised in Germany, the biographical background before the ATS onset and related
life events are explored in the life course perspective.
Methods The conditions for the development before onset are analysed in comparison of the
groups of current consuming and current abstinent ATS dependent, frequent, occasional
and non-ATS user. The interview was concomitant with a life course chart in order
to record all important life events. The mean number of positive, neutral and negative
life events in the life course was calculated for the groups and gender and analysed
with non-parametric tests.
Results ATS dependent users faced, compared to all other groups, significantly more burden
before onset due to negative life events such as parental alcohol addiction and domestic
violence. Women were considerably more burdened than men. Stable conditions for development
through parental care, friends and education showed predominately those with frequent
and occasional ATS use. In these groups dominated positive life events in the entire
life course. Early and ongoing burden portray a high risk factor for the development
of a problematic ATS use while positive life events imply a protective effect.
Conclusions Since dependent and non-dependent ATS users differ in their support needs, preventive
measures must be tailored to the respective consumption pattern, including nightlife
prevention offered by peers for ATS consumption in a party setting as well as specific
counselling and treatment services for those with a dependent and or problematic consumption.
In view of the high burden women are exposed to through negative life events, there
is a need for offers tailored to women.
Schlüsselwörter
Amphetamine - biografischer Hintergrund - Gruppenvergleiche - qualitative Interviews
- Lebensereignisse
Key words
Amphetamine - biographical background - group comparison - qualitative interviews
- life events